Story

Apothekerschleck

Dominik Flammer

Teuer waren die Gewürze früher, sündhaft teuer. So dass man sie nur in kleinsten Packungen in Apotheken kaufen konnte. Was auch für den Zucker galt, bevor die Zuckerrübe entdeckt und gefördert wurde und der einst wertvolle Zucker zum billigsten Massenprodukt wurde. Dass diese Gewürz-Zuckermischungen einst als Heilmittel galten, darauf deutet der heute noch gebräuchliche Name Magenträs hin. Was gut für den Magen ist, kann nicht schlecht für den Menschen sein. Dachten sich auch die Apotheker früher und leckten sich die Finger, wenn sie mit ihren Gewürzzückerchen mal wieder den Reibach gemacht hatten, war dieses Pülverchen doch nur für eine vermögende Schicht erschwinglich. Weshalb sie in Basel noch im 18. Jahrhundert im Volksmund auch „Apothekerschleck“ genannt wurden. Diese traditionellen Gewürzpulver-Mischungen sind im Alpenraum ab dem 16. Jahrhundert populär geworden, in der Deutschschweiz tauchen sie auch als Triet-, Träsent- oder Träspulver auf, fast jede Dorfapotheke verfügte über ein eigenes Rezept. Entwickelt wurden sie in Zeiten, als Gewürze und Kräuter noch stärker zwischen Heil- und Genussmitteln pendelten und deshalb über Jahrhunderte nur von Heilkundigen angeboten wurden. Magenträs aus der Gewürzmühle Hauser und Landolt im Schweizer Kanton Glarus ist eine der wenigen historischen Mischungen, die auch heute noch angeboten und regional noch häufig verwendet werden, gelegentlich findet man das Magenträs aber auch in Glarner Hofläden oder auf den Wochenmärkten des Kantons. Oft wird es vor allem als süsse Streuwürze auf einem Butterbrot präsentiert. Herstellen lässt es sich relativ einfach, in vielen alten Koch- und Konditoreibüchern finden sich dafür Rezepte. Je nach Belieben mischt man Zimt, Muskat, Nelken, Vanillezucker, Ingwer und Zucker miteinander und färbt das ganze mit eine wenig Sandelholzpulver ein. Mein Liebblingsrezept mit Magenträs ist die Weihnachtssuppe vom Hildisriedener Koch und Cuisinier Werner Tobler. Eine Lauchcremesuppe, die ganz am Schluss mit in Butter gebratenen und dann im Magenträs gewendeten Croutons bestreut wird. Während in Glarus oder Uri viele Bäcker das Magenträs als Würze für ihre fastnächtlichen Zigerkrapfen verwenden, kennt man im Kanton Zürich traditionellerweise vor allem die Triätschnitte. Eine Art „Fotzelschnitte“ und eine wunderbar altmodische Variante für die Verwertung von altbackenem Brot. Dafür tröpfelt man auf eine Scheibe altes Brot etwas Rotwein, brät diese dann in genügend Butter und bestreut sie dann mit dem Magenträs.

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