Story

Leindotteröl

Dominik Flammer

Trotz der Übermacht des mediterranen Olivenöls haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche spannende Pflanzenöle wieder ihren Platz in der Küche gesichert. Öle, die neu entdeckt und entwickelt wurden, wie beispielsweise das Kürbiskernöl aus der Steiermark. Ein Öl, das aus den gewaschenen und getrockneten Kernen des steirischen Ölkürbisses gewonnen wird und das seinen Weg in die Schweiz erst in den 90er-Jahren gefunden hat. Auch das heimische Rapsöl hat seinen Platz gefunden, mittlerweile auch in Qualitäten, die einen vielseitigen Einsatz zulassen. Noch viel spannender ist allerdings das Öl der «Camelina sativa». Diesen seidigen und samtigen lateinischen Namen haben die Botaniker dieser wundervollen Kohlpflanze gegeben, die bei uns unter dem etwas raueren Namen «Leindotter» bekannt ist. Leindotter ist eng verwandt ist mit dem Raps. Nur eben würziger und grüner im Geschmack, da sein Öl nach frischen Erbsen schmeckt und auch etwas an junge Frühlingskohlrabi erinnert. Übrigens hat Leindotter nichts mit dem weit bekannten Leinöl (welches nach wenig schmeckt, dafür sehr gesund sein soll) zu tun. Auch wenn der Namen etwas anderes behauptet mag. Der Name Leindotter kommt daher, weil die Pflanze früher wie Unkraut in den Leingärten gewachsten ist und mit seine Blüten weit über die Leinpflanzen herausragte.

Es ist an der Zeit, Leindotter wiederzuentdecken. Denn bis zum Niedergang des römischen Reiches wurde er in Reinkultur noch weitverbreitet angebaut, fiel dann aber über fast eineinhalb Jahrtausende in Vergessenheit. In jüngster Zeit haben ihn die Ölmüller und vor allem auch Bio-Landwirte wieder entdeckt und damit ein Pflanzenöl geschaffen, das der heimischen Küche mehr als gut ansteht. Entweder als Würzöl für Gemüsesalate jeglicher Art, aber auch als Grundzutat für Mayonnaise, insbesondere wenn diese Fische oder Spargeln begleiten soll. Allerdings ist das Leindotteröl so geschmacksintensiv, dass es reicht, wenn man für eine sämige Mayonnaise maximal einen Drittel davon verwendet, ansonsten aber ein neutrales Sonnenblumenöl in die Emulsion einarbeitet.

Im Gegensatz zu dem in der Schweiz ebenfalls weit verbreiteten Baumnussöl, wird das Camelina-Öl weniger schnell ranzig. Dennoch ist zu empfehlen, es in kleinen Gebinden zu kaufen, sofern man eine breite Vielfalt an Pflanzenölen verwendet und die Spezialöle nur unregelmässig zum Einsatz kommen. Und sicherlich wird es weniger lange dauern als beim Olivenöl, bis es in breiteren Kreisen geschätzt wird. Denn auch wenn Oliven seit mehr als zwei Jahrtausenden selbst an den Gestaden des Comer- und Gardasees und damit noch auf alpinem Boden angebaut werden, hat es bis ins 20. Jahrhundert gedauert, bis man sich nördlich der Alpen überhaupt begonnen hat, mit dem Öl der Oliven anzufreunden. Noch 1817 reimte der deutsche Dichter Friedrich Rückert auf seiner Italienreise ein Gespräch mit einem Kutschennachbarn:

«Ich fürchte mich sehr vor dem Öle,
womit man dort die Speisen würzt…
Ob er nicht einen (Gastwirten) mir empföhle
Wo man in die Gefahr nicht stürzt».

Das Leindotteröl unserer Zeit hat gegenüber dem Olivenöl der Vergangenheit einen grossen Vorteil: die Gebinde sind dunkel, die Verschlüsse dicht und einmal geöffnet, hält es sich im Kühlschrank gut zwei bis drei Monate. Nicht so wie einst die Olivenöle, die in Tontöpfen über die Alpen transportiert wurden und schon ranzig waren, bevor sie auf dem Markt verkauft wurden.

You are using an outdated browser. Please update your browser to view this website correctly: https://browsehappy.com/