Hier in Bottmingen, nur gerade einen schönen Sonntagsspaziergang vom Restaurant Stucki entfernt, weht der Wind mit Pfiff über die Spargelfelder. Gut verpackt unter den Schutzplachen gedeihen die Spargeln hier oben über der Stadt Basel. Hie und da entdeckt man eine Spargelspitze, die sich gen Himmel reckt, als würde sie nur darauf warten, gestochen zu werden. Das sind die Felder von Spargelproduzent Thomas Wiesner. Tanja Grandits spaziert gern am Sonntag mit ihrer Tochter zwischen den Feldern, kauft im Bauernhoflädeli feinsten Quark und bezieht bei Thomas Wiesner eben auch die Spargeln fürs Restaurant.
Heute will die Spitzenköchin ihre Spargeln für einmal selber ernten. Gut gelaunt steht sie in Gummistiefeln tief gebückt über einem Erdwall. Sie und Wiesner verstehen sich prächtig, das merkt man sofort. Es verbindet sie die Liebe zum guten Produkt. Sorgfältig buddelt der Spargelproduzent den Spargeln entlang, rund 25 Zentimeter tief in die Erde. Legt sie schön frei, damit Grandits mit dem Stechmesser ansetzen und abstechen kann. Es braucht eine gute Portion Fingerspitzengefühl, die Spargeln schön gerade zu stechen. Sie wachsen aus einem Rhizom und hie und da unterirdisch in alle Himmelsrichtungen. Da muss man genau schauen, dass man sie gerade sticht. Dann wird das Loch wieder aufgefüllt, damit in ein paar Tagen die neuen Spargeltriebe gut zu erkennen sind.
Zur Spargelzucht kam Thomas Wiesner durch Zufall. Denn eigentlich ist sein Boden «Beeriland», die Felder voller süsser Himbeeren, Erdbeeren und Brombeeren, sein ganzer Schatz. Ein befreundeter Spargelzüchter hat ihn darauf aufmerksam gemacht, dass seine Felder perfekt für den Spargelanbau geeignet sind: Sie verlaufen so, dass man lange Bahnen voller Spargelrhizome setzen kann, die Böden sind hier oben locker, sandig und nicht zu feucht. Also hat er das Abenteuer gewagt – und bis heute nicht bereut. Durchhaltevermögen war ihm dabei der wichtigste Begleiter: Es dauert vier Jahre, bis ein präpariertes Feld bereit ist für die erste Ernte. Vier Jahre hegen und pflegen – ohne dabei an einen Profit zu denken. Die Spargelzucht ist gleichermassen Fleiss- und Geduldsarbeit.
Widmer muss dabei auf die Natur hören. Ist es zu kalt, wachsen die Spargeln im Zeitlupentempo. Regnet es zu viel, ist der Züchter stündlich damit beschäftigt, die Felder vor der Staunässe zu befreien, die für die Spargeln Gift ist. Ist es hingegen zu warm, schiessen die Spargelspitzen unter der Hitze der schwarzen Folie geradezu aus der Erde und müssen flink geerntet werden.
Ein natürlicher Kreislauf, der – wegen des Imports aus dem Ausland – nicht mehr verstanden wird. «Spargeln aus Mexiko gibt es schon ab Januar. Und natürlich gibt es Kunden, die von mir schon dann Spargeln wollen, wenn sie noch längst nicht erntereif sind.» Dabei ist doch genau das die wichtigste Kommunikation, die stattfinden muss: Niemand weiss so gut wie der Bauer, wann das Gemüse seinen aromatischen Höhepunkt erreicht hat. Wann die Spargeln am besten schmecken und genügend Kraft von der Erde und der Sonne aufgenommen haben, um just zum richtigen Zeitpunkt geerntet zu werden. Wiesner tut es dabei etwas in der Seele weh, wenn das nicht richtig verstanden wird.
Die Natur hat ihn das Warten und die Geduld gelehrt. «Es bringt nichts, ein Gemüse oder eine Frucht zu ernten, bloss weil man schon zu Ostern Beeren servieren möchte. Das Gleiche gilt für die Spargeln – auf die richtig guten muss man warten.» Und den perfekten Moment verpasse er nie, meint er weiter. Jeden Tag wird haargenau geprüft, wie es um die Spargeln steht. Auf dem hauseigenen Anrufbeantworter kann der Kunde sogar ab Band hören, wann mit der Ernte zu rechnen ist.
Für Tanja Grandits ist das Gespräch mit ihren Lieferanten selbstverständlich. «Der Produzent ist so nah am Produkt, er weiss, wann es sein volles Aroma entwickelt hat.»
Wenn die weissen Spargeln so mild sind, dass sie einem mit ihrem butterzarten Spitzchen fast auf der Zunge vergehen. Einen etwas intensiveren Geschmack haben die grünen Spargeln: Sie gedeihen über der Erde und bekommen dadurch so viel Licht, dass sie sich einerseits verfärben, andererseits aber auch mehr Vitamin C und Betacarotin enthalten.